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aus:
DER PATRIARCH ZWISCHEN
DEN FRONTEN
Der neue Kardinal
Pizzaballa verurteilt den Hamas-Terror und verteidigt die Rechte der
Palästinenser
Der 58jährige, in Italien geborene Pierbattista
Pizzaballa O. F. M. gilt als enger Vertrauter von Papst Franziskus, der ihn
stetig gefördert hat. 2016 wurde er zum Apostolischen Administrator des
Lateinischen Patriarchats von Jerusalem und 2020 zum Lateinischen Patriarchen
von Jerusalem mit Verantwortung für das gesamte Heilige Land ernannt. Trotzdem
kam es nicht nur für Pizzaballa überraschend, als er am 9. Juli 2023 erfuhr,
dass ihn der Papst als ersten Bischof in der Geschichte des Heiligen
Landes zum Kardinal ernennen würde. Die
offizielle Aufnahme in das Kardinalskollegium fand am 30. September in Rom
statt. Pizzaballa sah seine Ernennung als „Anerkennung der Bedeutung der
heiligen Stadt für die drei abrahamitischen Religionen sowie der Rolle der Kirche
im Nahen Osten“. Das ursprünglich in Jerusalem geplante Fest zur Kardinalsernennung
wurde am 7. Oktober wegen des fürchterlichen Terrorangriffs der Hamas abgesagt.
Von diesem erfuhr der neue Kardinal auf seiner Rückreise
aus Rom. „Wir befinden uns in einer sehr ernsten Notlage, und ich befürchte,
dass es zum Krieg kommen wird“, sagte er in einer ersten Reaktion gegenüber
der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Die Lage sei „plötzlich und ohne
große Vorwarnung sehr ernst geworden“. Kardinal Pizzaballa appellierte an
die internationale Gemeinschaft: „Sie muss den Ereignissen im Nahen Osten
wieder mehr Aufmerksamkeit schenken! Diplomatische oder wirtschaftliche Vereinbarungen
ändern nichts an der Tatsache, dass es eine israelisch-palästinensische Frage
gibt, die gelöst werden muss“.
In einem Interview mit „Vatican News“ am 10. Oktober
erklärte der Patriarch: „Die Eskalation des Konflikts lag offen vor aller
Augen für alle sichtbar. Aber eine Explosion solcher Gewalt, solchen Ausmaßes
und solcher Brutalität – das hatte niemand vorhergesehen... Solange die palästinensische
Frage, die Freiheit, die Würde und die Zukunft der Palästinenser nicht in der
nötigen Weise berücksichtigt werden, solange werden die Aussichten auf
Frieden zwischen Israel und Palästina immer schwieriger.“
Am 16. Oktober meinte Pizzaballa bei einer
Online-Pressekonferenz, die Freilassung der Geiseln wäre evt. ein Ausweg aus
der akuten Krisensituation. Diese Geste könne vielleicht die geplante Bodenoffensive
Israels im Gazastreifen noch aufhalten. Er bot sich als Austausch gegen Geiseln
der Hamas an. „Wenn auf diesem Weg Kinder freikommen, wäre ich dabei“.
In einem weiteren Interview mit Vatikanmedien sagte der
Jerusalemer Kardinal am 24. Oktober: „Die Hamas hat Gräueltaten begangen,
für die es keine Rechtfertigung gibt. Aber die Antwort darauf kann nicht sein,
zwei Millionen Menschen verhungern zu lassen.“ Und: „Die Bombardierung
wird niemals zu einer Lösung führen“, stellte er fest.
Am 24. Oktober veröffentlichte Patriarch Pizzaballa einen
Brief an alle Gläubigen seiner Diözese. Darin betont er u. a.: „Mein Gewissen
und meine moralische Verantwortung verlangen von mir, dass ich klar und
deutlich sage, dass das, was am 7. Oktober im Süden Israels geschehen ist, in
keiner Weise hinnehmbar ist und wir es nur verurteilen können. Es gibt keinen
Grund für eine solche Gräueltat. Ja, wir haben die Pflicht, dies zu sagen und
anzuprangern. Die Anwendung von Gewalt ist nicht mit dem Evangelium vereinbar
und führt nicht zum Frieden. Das Leben eines jeden Menschen hat die gleiche Würde
vor Gott, der uns alle nach seinem Bild geschaffen hat.
Aber mit demselben Gewissen und mit einer
großen Last auf dem Herzen muss ich heute mit gleicher Klarheit feststellen,
dass dieser neue Kreislauf der Gewalt im Gazastreifen mehr als fünftausend Tote
(Anm.: bis 24. Oktober) darunter viele Frauen und Kinder, Zehntausende
von Verwundeten, dem Erdboden gleichgemachte Stadtviertel, Mangel an Medikamenten,
Wasser und lebensnotwendigen Gütern für mehr als zwei Millionen Menschen zur
Folge hatte. Dies sind unfassbare Tragödien, die wir vorbehaltlos anprangern
und verurteilen müssen. Das anhaltende schwere Bombardement, das seit Tagen
auf den Gazastreifen niedergeht, wird nur noch mehr Tod und Zerstörung verursachen
und Hass und Ressentiments verstärken. Es wird kein einziges Problem lösen,
sondern eher neue schaffen. Es ist an der Zeit, diesen Krieg, diese sinnlose
Gewalt zu beenden.
Nur wenn die jahrzehntelange Besatzung und
ihre tragischen Folgen beendet werden und dem palästinensischen Volk eine klare
und sichere nationale Perspektive gegeben wird, kann ein ernsthafter Friedensprozess
beginnen. Solange dieses Problem nicht an der Wurzel gelöst wird, wird es
niemals die Stabilität geben, auf die wir alle hoffen.“
LAUDATE DEUM“: DIE ZEHN KERNSÄTZE
Hier finden Sie die zehn wichtigsten Sätze aus dem Schreiben „Laudate Deum“
von Papst Franziskus zum Klimawandel.
1 „Mit der Zeit wird mir klar, dass
wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und
vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht.“
2 „Wie sehr man auch versuchen mag,
sie zu leugnen, zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen
des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor.“
3 „Die Wirklichkeit ist, dass ein
kleiner Prozentsatz der Reichsten auf der Erde die Umwelt mehr verschmutzt als
die ärmsten 50% der gesamten Weltbevölkerung.“
4 „Der menschliche – anthropogene –
Ursprung des Klimawandels kann nicht mehr bezweifelt werden.“
5 „Nie hatte die Menschheit so viel
Macht über sich selbst, und nichts kann garantieren, dass sie diese gut
gebrauchen wird, vor allem wenn man bedenkt, in welcher Weise sie sich gerade
jetzt ihrer bedient…“
6 „Es bleibt bedauerlich, dass man
globale Krisen verstreichen lässt, wo sie doch die Chance bieten würden,
heilsame Veränderungen herbeizuführen.“
7 „Zu sagen, dass man sich (vom
nächsten Klimagipfel in Dubai) nichts zu erwarten braucht, gliche einer
Selbstverstümmelung, denn es würde bedeuten, die gesamte Menschheit,
insbesondere die Ärmsten, den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels
auszusetzen.“
8 „Hören wir endlich auf mit dem
unverantwortlichen Spott, der dieses Thema als etwas bloß Ökologisches,
‚Grünes‘, Romantisches darstellt, das oft von wirtschaftlichen Interessen ins
Lächerliche gezogen wird.“
9 „Es wird von uns nichts weiter
verlangt als eine gewisse Verantwortung für das Erbe, das wir am Ende unseres
Erdendaseins hinterlassen werden.“
10 „Ein Mensch, der sich anmaßt, sich
an die Stelle Gottes zu setzen, wird zur schlimmsten Gefahr für sich selbst.“
Quelle: vatican news – 4. 10. 23. www.vaticannews.va
WIE POLITISCH SIND BEWEGUNGEN – GESTERN UND HEUTE?
Von Jussuf Windischer
Vor 50 Jahren wurde in Chile
geputscht. Die Hoffnung auf einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz wurde
zunichte gemacht, auch die konkrete Utopie einer klassenlosen Gesellschaft
vorerst mit Gewalt zerstört. Verschiedenste politische Bewegungen (Solidaritätsbewegungen,
Anti-Atom-Proteste, Friedensbewegungen, Flüchtlingssolidarität,
Umweltaktivitäten etc.) lebten auf, lebten weiter – aber die politische Analyse
und die Konturen der politischen Ziele und der gesellschaftlichen Entwürfe
wurden immer unklarer. Früher gab es viel politisiertes Engagement, heute
scheint viel Engagement da zu sein, aber „entpolitisiert“.
Biographisches
Unter dem Einfluss der Familie,
insbesondere der Eltern war eine antifaschistische und antikommunistische
(insbesondere antistalinistische) Einstellung prägend. Erlebnisse im Leben
mit und unter der Bevölkerung Zimbabwes (damals Südrhodesien), die ersten
Kontakte mit KatechistInnen, die in Befreiungsbewegungen aktiv waren, eröffneten
neue Erklärungen und ein neues Politikverständnis. Eine intensive
Auseinandersetzung mit Gesellschaftslehre, Politik und auch dem
Marxismus/Leninismus erfolgte in Trier (Geburtsstadt von Karl Marx), in der
Folge beim Studium in Frankreich in den Nachwehen des Mai 1968. Eine Kirche
auf Seite der Armen, französische Arbeiterpriester, ein Kurs in der Kommunistischen
Partei Frankreichs, Kontakte mit der Neuen Linken eröffneten zudem eine neue
politische Praxis auf Seiten der Armen und in Randvierteln.
Die Vorerfahrungen wurden ab 1970 in
das damalige Innsbrucker Jugendzentrum Z6 miteingebracht, ein Zentrum für
Hunderte von jugendlichen Arbeiterinnen und Arbeitern. Die sozialpolitischen
Konsequenzen waren diverse Sozialinitiativen und die Mitarbeit in sozialen
Bewegungen. Politisch Interessierte, Mitmenschen aus der linken Szene,
LinkskatholikInnen oder sozialistische ChristInnen begleiteten die Prozesse.
Absolut prägend waren die Jahre in
Brasilien, eine sehr konkrete politische engagierte Arbeit in Basisgemeinden,
Genossenschaften, Gewerkschaften, Volksbewegungen und auch in der
Arbeiterpartei (PT). Politische Gruppen, Parteischulen, Fortbildungen, Auseinandersetzungen
standen auf der Tagesordnung – das ist mein politischer Hintergrund. Aus diesem
Blickwinkel erfolgen auch die folgenden Überlegungen und Einschätzungen.
Politische Blütezeiten (1980-1990)
Politische Gruppen organisierten sich
Ende des letzten Jahrhunderts in vielen Ländern, so auch in Österreich
vornehmlich und beispielhaft um die Friedensbewegung, um die Bewegung zum
Schutze der Umwelt und in den Solidaritätsbewegungen. Etliche Komitees und
Gruppen bildeten sich. In den meisten ging es wohl um die Theorie, um die Analyse
von Hintergründen, auch um das „Sehen – Urteilen – Handeln“. Politischer Aktionismus
stand auf der Tagesordnung. Die Bewegungen setzten sich durchaus mit der
katholischen Sozial- und Gesellschaftslehre inkl. Sozialenzykliken auseinander.
Von großer Relevanz waren Erklärungen, Analysen und Programme der SPÖ, der Grünen
und der marxistisch orientierten Gruppen.
Ein weiterer Fokus bestand in den sog.
sozialpolitischen Bewegungen und sozialen Initiativen. Soziale Missstände
wurden aufgegriffen, Lösungsansätze erörtert (vgl. Schlosser/Schlosser,
Gründerzeiten. Innsbruck 2020), Maßnahmen ergriffen.
Beginn der Entpolitisierung
Es folgte in Österreich der eine oder
andere Rechtsruck – zugleich aber vollzog sich der Zusammenbruch der sog.
sozialistischen Systeme. Es folgte Heimatlosigkeit für viele, ein Trend zur
Entpolitisierung, zum Abschied von „politischem Denken“ und für gar manch
politisch Engagierte kam es zur politischen Vereinsamung. Die Nostalgie nahm
zeitweise überhand, andere bemühten sich, die aktuellen politischen
Verhältnisse zu durchdenken und die neuen Voraussetzungen zu analysieren.
Viele suchten politische Reflexions- oder
Aktionsgruppen, fanden aber keine mehr. Auch in verschiedensten Bewegungen,
wo es um Flüchtlinge, Menschenrechte, Umwelt, Frieden u. a. m. ging und geht,
war eine „Entpolitisierung“ spürbar. Entpolitisierung im Sinne von fehlender
Bereitschaft, Problemlagen aber auch Aktionsziele umfassend zu analysieren,
zu diskutieren und daraus auch langfristige Perspektiven bzw. Visionen zu
entwickeln.
Konkrete Fallbeispiele der
„Entpolitisierung“
Vor einigen Tagen nahm ich an einer
Demo der „Fridays for Future“(FFF) teil, hatte eine meiner Enkelinnen im
Kinderwagen und konnte mich mit dem Hauptredner der Demo, einem älteren,
glaubwürdigen Politveteranen unterhalten. Thema: Wahrnehmung des
gesellschaftlichen Rechtsruck, Wertschätzung der FFF und anderer Bewegungen.
Folgende Thesen möchte ich zur
Diskussion stellen:
1. Es gibt einen Rückzug in den
Individualismus – viele meiden politische Diskussionen. Diskutiert wird eher
über Leiderfahrungen, Einschränkungen, Berufsenttäuschungen.... über
persönliche Betroffenheiten.
2. Eine neue Kategorie ist das „Was
bringt es mir...“ „Was hab ich davon“. In der sog. Werteskala spielt der
Utilitarismus eine große Rolle
3. Falls jemand engagiert ist, geht es
meist um einen Protest, um eine Forderung, manchmal um ein kurzfristiges Ziel
ohne explizite politische Dimension
Fallbeispiele:
1. Bei einer Forderung von FFF geht es
z. B.: um den eingemahnten Klimagipfel. Erinnert wird an
Klimaschutzprogramme. Nicht diskutiert werden eventuelle weiterführende
Gedanken: z. B.: wenn Klimaschutz gelingen soll, muss die Wirtschaft
schrumpfen, doch dann kann der Kapitalismus, der auf Wachstum angewiesen ist,
nicht mehr existieren. Offen bleibt, ob die Klimaschützer langfristig den
Kapitalismus einschränken oder gar überwinden wollen? Wer soll das
durchsetzen? Welche Partei, Gewerkschaft, Kammer, Bewegung, welche Sektoren
der Zivilgesellschaft? Diese Fragen bleiben nicht nur offen, sondern werden z.
Z. auch nicht diskutiert. So demonstrieren kapitalistisch orientierte und
kapitalismusfeindliche Menschen miteinander für Klimaschutz. Geht das gut aus?
2. Klimaaktivisten der Letzten Generation
bringen durch gewaltfreien Blockaden u. a. m. das Thema der Klimakatastrophe
vehement auf die Tagesordnung. Es gibt Aktionen und auch Krisengespräche
unter dem Titel: „Was wirst du tun“ (vgl. Flugblätter der „Letzten Generation“).
Es geht um den Aufruf zum Handeln. Es gibt die kurzfristigen Ziele: 100 km/h
auf den Straßen, 30 km/h im Ortsgebiet, kein Fracking – keine Bohrungen. Einsichtig,
auch nachvollziehbar – aber die Erfüllung dieser Forderungen würden das
politische System nicht ändern. Was sind die größeren Ziele?
3. Gewerkschaften fordern die
35-h-Woche bei gleichem Lohn. Diskutiert wird zugleich über Arbeitskräftemangel,
über das was sich die „Wirtschaft“ nicht leisten kann, über die Abwälzung des
Preises auf die Kunden, weitere Teuerungen, mehr Steuern, Ankurbelung des
Konsums u. a. m. Wer diskutiert noch, dass die Gewinne der Unternehmen nicht
nur auf neue Investitionen und Steigerungen der Produktionen setzen müsste, sondern
einfach in die Arbeitszeitverkürzung – auf Kosten von Wirtschaftswachstum,
aber zugunsten der Menschen. Das wäre das eigentliche politische Ziel und die
Überlegungen, wer das durchsetzen kann, ob das durchsetzbar wäre, das
braucht eine politische Diskussion.
4. Was kann Gesellschaft verändern?
Manche, ja sehr viele meinen, es sei das persönliche und individuelle Beispiel.
Eine konsequente, beispielhafte, glaubwürdige Lebensführung ist sicher
wünschenswert, lobenswert, sogar vorteilhaft. Nicht umsonst hat die Glaubwürdigkeit
der Mandatare der KPÖ in Graz und Salzburg Stimmen gebracht. Politisch
gesprochen, spielt sich aber vieles, so auch Konsumverzicht in einem System ab.
So kommt es, bildhaft gesprochen, dass wir in einem umweltzerstörendem Turbojet
sitzen und die Welt zerstören und im Flugzeug brav Müll trennen, vielleicht sogar
vegetarisch oder vegan speisen und gerecht gehandelten Kaffee genießen.
Symbolhaft ist das zwar schön und lobenswert – das Verhalten ändert aber nicht
das System. Der große Turbojet fliegt weiter und zerstört die Umwelt. Mit den
Worten von Papst Franziskus hieße es: „Dieses System tötet!“ (Laudato si)
5. Sehr viele Menschen leben in den
wohlhabenden Industrieländern konsumorientiert und verbrauchen sehr viel
Ressourcen und zerstören hiermit auch direkt oder indirekt den Planeten. Der
Glaube an eine unendliches Wachstum ist anscheinend unerschütterlich. Angenommen,
eine politische Strömung, Interessensvertretung, eine Kammer, Genossenschaft,
Gewerkschaft, NGO. (z. B. Die Gemeinwohlökonomie u. a. m.) würde Verzicht und
Einschränkungen einfordern und propagieren – die Leute würden sich von ihnen
sicher trennen bzw. verabschieden. Angenommen eine politische Partei würde
Verzicht, Reduktion und diverse Einschränkungen in das Programm aufnehmen – die
Partei würde einen katastrophalen Stimmenverlust erleiden. Wer würde ein
Partei wählen, die von Verzicht spricht. Lieber wählt man dann eine Partei,
die das Blaue vom Himmel und noch mehr verspricht, wohlwissend, dass
Wahlwerbungen oft wenig mit der Wahrheit zu tun haben, noch weniger mit
beabsichtigten Realisierungen. Wahlwerbungen wollen Stimmen, wollen Mehrheiten,
versprechen den Zielgruppen mehr Geld, mehr Konsum, ein besseres Leben und noch
viel mehr, nur nicht ein gutes Leben für alle.
Schluss
Es bleibt allerdings die Frage
unbeantwortet, wie es in einer Demokratie zu dringend notwendigen Systemveränderungen
kommen könnte. Dazu braucht es politisches Denken, politischen Austausch,
politisches Handeln in Dimensionen der Solidarität mit allen Menschen, auch mit
der Natur. Wir haben nämlich nur eine Welt. Vielleicht waren die politischen
Akademien, die politischen Fortbildungskurse, die Parteischulen, die Marxlesekreise
u. ä. m. hilfreich. Wie könnten heute zeitgerechte, bessere Fortbildungen uns
helfen, um letztlich wieder Analysen, Einschätzungen und auch Visionen der
Solidarität zum Durchbruch zu verhelfen? Wo bitte geht es zur Utopie, wie geht
es zu einer gerechten Gesellschaft? Das ist eine politische Frage. Vielleicht
entsteht aus dem Feuer (manchmal auch dem Strohfeuer) der dztg. Bewegungen das
Bedürfnis nach politischer Analyse, nach einer Einschätzung und einer
Strategie, um nicht nur auf Missstände und Ungerechtigkeiten zu reagieren,
sondern es dazu nicht mehr kommen zu lassen: da geht es um ein System, da geht
es um neue, herrschaftsfreie Strukturen. Natürlich werden sich Profiteure der
dztg. Gesellschaftsordnung mit allen Mitteln, auch mit Gewalt dagegen wehren.
Es ist ein beschwerlicher Weg.
Dr. Josef (Jussuf) Windischer, geboren am 12. 8.
1947 in Innsbruck, Studium der katholischen Theologie. Religionslehrer, Leiter
mehrerer Sozialprojekte in Tirol, Entwicklungshilfeeinsätze in Zimbabwe und
Brasilien, Gefängnis- und Ausländerseelsorger in Tirol, Generalsekretär von Pax
Christi Österreich (2011 – 16), seit 2012 Obmann der Vinzenzgemeinschaft in
Tirol sowie Gründer und Leiter des Vinziprojekts „Waldhüttl“
(http://www.waldhuettl.at/). Jussuf Windischer ist auch AKC-Vorstandsmitglied.